Ist Frauengesundheit ein BGM-Thema? Interview mit Cornelia Wanke

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Cornelia Wanke vom Vorstand Healthcare Frauen und Spitzenfrauen Gesundheit spricht über die Wichtigkeit von Gender BGM und Frauengesundheit in der Prävention.

Cornelia Wanke ist Teil der Initiative #mentalhealthworks. Diese bündelt vielfältige BGF-Angebote und unterstützt Firmen dabei, einen Einstieg in das komplexe Themenfeld Mentale Gesundheit von Mitarbeitenden zu finden. Die Unternehmen der Initiative fungieren dabei als „Navigatoren“, damit Firmen den für sie genau richtigen Startpunkt finden und die Angebote aufeinander aufbauen können.

Im aktuellen Artikel beleuchten wir das Thema Gender BGM, und hier vor allem ein Thema, über das mann/frau nicht so gerne spricht: Frauengesundheit und Menopause. Lesen Sie rein in diese spannende BGM-Fragestellung.

Erzähle kurz, wer du bist und was du als als Vorständin Healthcare Frauen und Spitzenfrau Gesundheit machst.

Ich bin Unternehmerin, Kommunikationsexpertin und meine Steckenpferde sind die Themen mentale Gesundheit und Frauengesundheit sowie Frauen in Führung im Gesundheitswesen. Um mehr Frauen im Gesundheitswesen in entscheidende Positionen zu bringen und die Perspektive der Frauen einzubringen, engagiere ich mich ehrenamtlich als Vorständin bei den Healthcare Frauen e.V. und den Spitzenfrauen Gesundheit e.V.

Was bringt es in der Prävention, wenn man den Fokus dediziert auf Frauen bzw. Männer legt?

Es ist wichtig zu schauen, was Frauen bzw. Männer in der Prävention brauchen und wie man sie am besten abholt. Das gilt auch für das BGM. Für einige Bereiche machen genderspezifische Ansätze und Maßnahmen Sinn, besonders wenn es um die Früherkennung von Krankheiten geht.

Nehmen wir mal als Beispiel das Thema Herzgesundheit.

  • Frauen haben bei Herzproblemen meistens andere Symptome.
  • Hormonelle Einflüsse müssen berücksichtigt werden und auch die Risikofaktoren sehen oft anders aus oder haben stärkere Auswirkungen.
  • Frauen reagieren auf manche körperlichen Herausforderungen, psychische Belastungssituationen oder auch Umwelteinflüsse anders als Männer.
  • Frauen haben oft andere Themen, die sie belasten.

Deshalb braucht man auch spezifische Herangehensweisen, Frauen und Männer abzuholen und dann auch die entsprechenden Maßnahmen dazu.

In welcher Form siehst du Frauengesundheit als Thema im BGM verhaftet?

Wo erreiche ich die Menschen am allerbesten? Entweder ganz früh in Kita und Schule oder dann später am Arbeitsplatz. Deshalb glaube ich, dass wir da noch ganz viel tun können, um Krankheiten vorzubeugen bzw. gar nicht erst entstehen zu lassen und früh zu erkennen. Deshalb würde ich einen großen Wert auf geschlechtersensibles BGM (Gender BGM) legen. Wie gesagt, Frauen müssen wir anders abholen als Männer, sie haben andere Symptome, andere Herausforderungen und am Ende braucht es dann auch andere Maßnahmen, um dem entgegenzuwirken.

Ein gutes Beispiel ist der Pflegeberuf, wo ja vorwiegend Frauen arbeiten. Wenn ich hier etwas auf körperlicher Ebene anbieten will, z.B. um Rückenproblemen vorzubeugen, dann sollte man berücksichtigen, dass Frauen körperlich und kräftetechnisch ganz anders gebaut sind als Männer. Auch im Bereich der mentalen Gesundheit gibt es Unterschiede. So empfinden Frauen Belastungen oft anders als Männer. Deshalb braucht es auch unterschiedliche Methoden, um z. B. Stress besser bewältigen zu können. Männer sind da oft körperlich orientiert, denen hilft manchmal eher ein sportliches Programm, um Stress abzubauen. Frauen brauchen oft mehr Zuspruch, ihnen helfen vielleicht eher ein Achtsamkeitstraining oder sanftere Bewegungsformen.

Damit wir im nicht im Theoretischen bleiben, habe ich mit Expertinnen wie dir, Claudia von Gesundheit Bewegt, mit Katja von a.l.c., mit Verena von Lumeus zusammen getan, um konkrete Angebote zur Menopause zu entwickeln. ich freue mich total, dass wir mit WomanBalance nun ein Menopausen-Angebot für Unternehmen im Programm haben. Schrittweise soll daraus ein holistischer Ansatz entstehen, mit dem wir Firmen im Betrieblichen Gesundheitsmanagement konkret unterstützen und Frauengesundheit (endlich) einen höheren Stellenwert in Unternehmen erhält.

Zur Zeit wird viel über Frauengesundheit gesprochen. Ist das ein Trendthema oder steckt mehr dahinter?

Es ist beides. Es ist auf der einen Seite ein Trendthema. Wir sehen gerade viele Startups, die dieses Feld für sich entdeckt haben, weil es die Hälfte der Bevölkerung betrifft und somit natürlich eine große Zielgruppe bedeutet.  

Auf der anderen Seite fordern Frauen das auch immer stärker und selbstbewusster ein. Auch wir bei den Spitzenfrauen Gesundheit und bei den Healthcare Frauen fordern, dass mehr Wert auf geschlechterspezifische Betrachtung von Erkrankungen und Prävention gelegt wird.

Ich habe vorhin das Thema Herzgesundheit erwähnt. Das ist etwas, was vor ca. 2 Jahren aus den USA zu uns herübergeschwappt ist. Wir sehen, dass da in Deutschland noch ein riesiges Potenzial ist, es Effizienzreserven im Gesundheitswesen gibt, die man noch heben kann, weil kaum jemand  genderspezifisch hingeschaut hat. Wie groß der Bedarf ist, sieht man auch daran, dass wir mit unserer Kampagne zur Herzgesundheit, die die Healthcare Frauen dieses Jahr gestartet haben, 21 Mio Menschen erreicht haben. Es ist also auf der einen Seite ein Bedarf da, die Frauen wollen es und auf der anderen Seite ist es natürlich auch ein Bereich, wo sich Unternehmen tummeln und die Hoffnung haben, daraus Business zu generieren.

Jetzt haben wir viel über Frauengesundheit gesprochen. Siehst du den gleichen Bedarf auch beim Thema Männergesundheit?

Auf jeden Fall. Wir wissen z. B., dass Männer Vorsorgemuffel sind. Hier kann man überlegen, wie die Männer besser abgeholt und ermutigt werden können, regelmäßig zu Gesundheitsuntersuchungen zu gehen. Das könnte ihre Gesundheit erheblich verbessern. Männer sind oft auch zögerlicher, über ihre psychische Gesundheit zu sprechen oder professionelle Hilfe zu suchen. Hier könnten Programme, die speziell auf Männer zugeschnitten sind und ihre spezifischen Bedürfnisse und Hürden berücksichtigen, dazu beitragen, dass diese sich mehr um ihre körperliche und mentale Gesundheit kümmern.

Würdest du sagen, es ist in allen Gesundheitsbereichen erforderlich, genderspezifische Empfehlungen zu haben?

Bei der mentalen Gesundheit sehe ich das sehr stark. Oder in einzelnen Feldern, wo wir wissen, dass das Bewusstsein dafür im Moment noch nicht so da ist, wie z. B. Herzgesundheit. Der Bereich Ernährung und Bewegung ist sicher etwas, was bei beiden eine Rolle spielt. Da kann man mal etwas andere Übungen reinbringen für Männer bzw. Frauen, aber im Grunde haben wir da eine große Überschneidung und das gilt auch für den Bereich Ernährung.

Ich plädiere also hauptsächlich bei Vorsorgethemen, bei Erkennung von bestimmten Krankheiten und im Bereich der mentalen Gesundheit für eine geschlechterspezifische Herangehensweise.

Wo würdest du in einem digitalen Gesundheitsprogramm ansetzen, um genderspezifische Gesundheit mit einzubringen?

Einerseits Programme für Frauen aufsetzen, die frauenspezifische Themen angehen, wie z. B. die vielen hormonellen Situationen. Das zieht sich ja durchs ganze Leben. Das ist sehr spezifisch und sollte wirklich an einem eigens dafür eingerichteten Platz im Programm oder in einer eigenen App behandelt werden. Ein Einstieg könnte das Thema Menoause sein. Wir haben hier einigen Millionen Frauen, die in der Menopause erwerbstätig sind. In Zeiten des demografischen Wandels ist es entscheidend, diese Mitarbeiterinnen in den Unternehmen zu halten und nicht mit Ihren Beschwerden alleine zu lassen. Zusammen mit Gesundheit Bewegt, Lumeus und a.l.c. habe ich eine BGF-Aktion speziell für die Menopause im Unternehmen entwickelt. 

Und für Männer könnten es gezielte Kampagnen für z. B. die Vorsorge gegen Herz-Kreislauf-Erkrankungen sein. Hier haben wir auch noch genug Aufklärungsarbeit zu tun.

Hast du noch ein Abschluss-Statement für uns?

Wir bei den Spitzenfrauen, aber auch bei den Healthcare Frauen, sind im Moment dabei, den Paradigmenwechsel einzuläuten. Weg vom Blick der Kuration hin zur Prävention und zur Gesundheitsförderung.

Wir merken sehr stark, dass wir seit Jahrhunderten ein eher patriarchales System haben. Also, da wo das Geld hinfließt, da richten wir den Blick hin. Und das ist die Kuration. Ärzte verdienen ihr Geld mit der Kuration, Kliniken mit Krankheiten… Und was wir jetzt schauen als Frauen im Gesundheitswesen – wie können wir das shiften? Wie können wir dafür sorgen, dass das Geld mehr in die Prävention fließt? Das ist glaube ich ein sehr weiblicher Aspekt, weil es ein sehr holistischer Blick auf das Thema Gesundheit ist. Dass man nicht nur auf die Erkrankung schaut, sondern darauf, wie kann ich mich möglichst lange gesund (Stichwort Longevity) erhalten. Und dabei spielt auch das Thema Health Literacy eine große Rolle, also viel mehr Wissen über gesunderhaltende Maßnahmen in die Gesellschaft zu bringen.

Ein schönes Abschlussstatement, vielen Dank liebe Cornelia Wanke!
Das Interview führte Claudia Eigel von Gesundheit bewegt

FAQs zum Cornelia Wanke-Interview zu Gender BGM und Frauengesundheit

1. Was ist Gender BGM und warum ist es wichtig?
Gender BGM ist ein Ansatz, der geschlechterspezifische Unterschiede in der Gesundheit und Prävention berücksichtigt. Das ist wichtig, weil Frauen und Männer in manchen Gesundheitsfeldern unterschiedliche gesundheitliche Bedürfnisse und Risiken haben. Ein genderspezifischer Ansatz kann helfen, diese Unterschiede zu adressieren und dadurch die Gesundheit und das Wohlbefinden der Mitarbeiter effektiver zu fördern.

2. Welche speziellen Gesundheitsbedürfnisse haben Frauen im Arbeitsumfeld?
Frauen haben häufig andere gesundheitliche Herausforderungen als Männer, beispielsweise in Bezug auf Herzgesundheit, hormonelle Einflüsse und mentale Belastungen. Themen wie Menopause und spezifische psychische Belastungen erfordern angepasste Präventionsmaßnahmen im Betrieblichen Gesundheitsmanagement.

3. Wie kann ein Unternehmen genderspezifische Gesundheitsmaßnahmen effektiv umsetzen?
Ein Unternehmen kann genderspezifische Maßnahmen umsetzen, indem es spezielle Programme für Frauen und Männer entwickelt, die deren spezifische gesundheitliche Bedürfnisse ansprechen. Zum Beispiel könnten Programme für Frauen auf hormonelle Gesundheit und mentale Belastungen fokussieren, während Programme für Männer Vorsorgeuntersuchungen und Stressbewältigung stärker thematisieren.

4. Warum ist es sinnvoll, im BGM auf genderspezifische Prävention zu setzen?
Genderspezifische Prävention ist sinnvoll, weil sie die unterschiedlichen gesundheitlichen Bedürfnisse und Risiken von Männern und Frauen berücksichtigt. Dadurch können Krankheiten früher erkannt und spezifische Gesundheitsrisiken gezielt adressiert werden. Dies führt zu einer besseren Gesundheitsförderung und verbessert damit langfristig die Gesundheit der Mitarbeitenden.

5. Welche Rolle spielt die Menopause im Kontext von Gender BGM?
Die Menopause ist ein wichtiger Aspekt der Frauengesundheit und sollte im Gender BGM berücksichtigt werden. Viele Frauen erleben während der Menopause körperliche und psychische Veränderungen, die ihre Arbeitsfähigkeit und ihr Wohlbefinden beeinträchtigen können. Spezifische Unterstützungsmaßnahmen und Aufklärung können dazu beitragen, diese Phase besser zu bewältigen und die Gesundheit der betroffenen Mitarbeiterinnen zu fördern.

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